Geschlechterrichtwerte als liberales Mittel zur Förderung der Gleichstellung
Der Nationalrat spricht sich heute im Rahmen der Aktienrechtsrevision mit hauchdünner Mehrheit für die Einführung von Geschlechterrichtwerten für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen aus.
Aus Sicht der Jungen Grünliberalen sind diese Zielwerte sehr zu begrüssen. Denn die aktuelle Situation mit einem Frauenanteil von nur 19 Prozent in den Verwaltungsräten und sieben Prozent in den Geschäftsleitungen (Schillingreport) ist ein Affront gegen alle Frauen.
Dass es Massnahmen braucht, sollte angesichts des letzten Schillingreports klar sein. Dieser zeigte auf, dass der Frauenanteile in den Geschäftsleitungen sogar noch zurückgeht (von 8 auf 7 Prozent). Der Anteil neuer weiblicher Geschäftsleitungsmitglieder ist 2017 von 21 auf 8 Prozent gesunken. Das Problem löst sich also nicht von alleine – wie manche Stimmen immer wieder behaupten! Als liberale Partei sind wir dazu angehalten Chancengleichheit zu fördern. Aktuell sind die Chancen beider Geschlechter auf Führungspositionen nicht die gleichen. Grund dafür ist eine unbewusste Diskriminierung, welche durch die stereotypischen Rollenbilder in unseren Köpfen ausgelöst wird. Diese Stereotypen sind langanhaltend und historisch geprägt – da die Frauen in der Schweiz erst seit 1971 politisch (Frauenstimmrecht) und seit 1981 rechtlich (Gleichberechtigung in der Verfassung) gleichgestellt sind.
Geschlechterzielwerte sind – anders als fixe Quoten – eine äusserst liberale Möglichkeit die Gleichstellung von Mann und Frau zu fördern! Durch Geschlechterzielwerte wird in erster Linie die Chancengleichheit verbessert, ohne dass dabei die wirtschaftliche Freiheit eingeschränkt wird. Zielwerte sind ein Statement unseres Staates, dass die aktuelle Untervertretung der Frauen in den oberen Führungsetagen unbefriedigend ist und wir von den Unternehmen verlangen, dagegen vorzugehen.
Dabei sind die Zielwerte, die das Parlament fixiert hat, noch sehr tief gewählt; 20% für Geschäftsleitungen, 30% für Verwaltungsräte. Diese Bestimmungen werden nach einer Übergangsfrist von fünf bzw zehn Jahren eingeführt. Werden diese Zielwerte nicht erreicht, ist nicht mit Sanktionen zu rechnen, sondern die Firmen müssen lediglich begründen, warum sie die Zielwerte nicht erreicht haben (comply-or-explain).
Dank diesem Comply-or-explain Ansatz werden keine neue Ungerechtigkeiten geschaffen. Männer werden durch solche Zielwerte also nicht benachteiligt – tatsächlich stellen die Zielwerte auch die angemessene Vertretung der Männer sicher. Den Unternehmen bleibt im Einzelfall flexibel und hat immer die Möglichkeit den oder die beste Kandidatin zu wählen – egal ob Frau oder Mann. Das Unternehmen ist durch den Zielwert jedoch angehalten eine effektive Nachwuchsförderung bei beiden Geschlechtern zu betreiben. Im Internationalen Vergleich zeigt sich zudem, dass eine angemessene Vertretung beider Geschlechter durchaus machbar ist.
Auch ohne konkrete Sanktionen sind die Zielwerte wirkungsvoll. Denn sie arbeiten mit dem Image der Unternehmen. Zielwerte schaffen also ganz im liberal-marktwirtschaftlichen Sinne Anreize für Unternehmen, ihre Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte gemischtgeschlechtlich zu gestalten. Denn andernfalls müssen sie mit einem Imageverlust rechnen. So hat beispielsweise Blackrock (grösster Geldverwalter der Welt) kürzlich gesagt, dass Sie in der Schweiz öfters gegen Verwaltungsräte stimmen, weil diese zu männlich sind.